Pro NRW-Politikers verklagt Blogsport – „Wir reagierten mit Unverständnis“

Internetdienst Blogsport wird wegen Veröffentlichnung von Fotos eines »Pro NRW«-Politikers verklagt. Ein Gespräch mit Georg Klauda

Pro NRW NaziGeorg Klauda ist Geschäftsführer von Blogsport. Der Internetdienst stellt kostenlos Weblogs zur Verfügung, die vor allem auch von vielen linken Gruppen genutzt werden.

 

 

Sie betreiben gemeinsam mit anderen das Weblog-Angebot Blogsport. Nun wurden Sie von einem Politiker der rassistischen Partei »Pro NRW« verklagt. Worum geht es dabei?

Ein von uns gehosteter Blog veröffentlichte zwei Fotos, auf denen der stellvertretende Vorsitzende von »Pro NRW«, Kevin Hauer, abgebildet ist. Auf dem einen reckt er mit nacktem Oberkörper den rechten Arm empor. Das wurde in der Öffentlichkeit allgemein als Hitlergruß interpretiert. Auf dem zweiten Foto posiert Hauer in der Uniform der »Alten Breslauer Burschenschaft der Raczeks zu Bonn« mit einem gerahmten Hitlerbild.

Als sich Hauer bei uns beschwerte, daß die Veröffentlichung gegen sein Recht am eigenen Bild verstoße, reagierten wir – wie wohl die meisten – mit Unverständnis. Hauer ist schließlich eine Person des öffentlichen Lebens. Er ist Gelsenkirchener Stadtrat und trat auf der Liste von »Pro NRW« zur Europawahl an. Die Öffentlichkeit sollte ein Recht haben zu wissen, wer sich ihr als Kandidat andient. Die Gegenseite argumentiert, daß die Bilder »aussagelos« seien und lediglich einen denunziatorischen Wert hätten. Außerdem sollen sie Hauers Privatsphäre tangieren.

Was vermuten Sie hinter der Klage?

Hauers Partei versucht seit Jahren, durch Klagen ihren extrem rechten Hintergrund zu kaschieren. Zum Beispiel, indem wie aktuell kompromittierende Bilder der eigenen Vergangenheit aus dem Verkehr gezogen werden sollen. Hauer möchte sich nach außen als grundgesetztreuer Patriot darstellen. Gleichzeitig marschiert »Pro NRW« vor Moscheen und den Wohnungen von Roma auf und hetzt gegen Menschen, die nicht in ihr völkisches Bild passen.

Wie extrem Hauer tatsächlich ist, zeigt ein Interview, das er 2007 der NPD-Zeitung Deutsche Stimme gab. Er griff dort, damals noch als Mitglied der »Republikaner«, den Abgrenzungskurs seiner Parteiführung gegenüber der NPD an und erklärte: »Das nationale Lager hat nur eine Chance, wenn es zusammenhält und geballt zuschlägt.« Auch die Distanzierung des »Republikaner«-Vorstands von den faschistischen »freien Kameradschaften« ging ihm noch zu weit. Er qualifizierte sie kurzerhand als »Hetze« ab. Wenig später wurde er aus der Partei ausgeschlossen. Hauer wechselte daraufhin zu »Pro NRW«, einer Neugründung von ehemaligen Aktivisten der neonazistischen »Deutschen Liga für Volk und Heimat«.

Noch extremer präsentiert sich allerdings sein Anwalt Björn Clemens. Er läßt in seinen Reden und Texten, u.a. auf der Internetseite der NPD-Jugend, den Diskurs der »Konservativen Revolution« wiederauferstehen und huldigt einem unverhohlenen Revanchismus. Außerdem ist er stellvertretender Vorsitzender der Jungen Landsmannschaft Ostdeutschland (JLO). Die JLO fungierte über Jahre in Dresden als Anmelderin des ehemals größten Naziaufmarsches in Deutschland anläßlich der Bombardierung der Stadt am 13. Februar 1945.

Blogsport bietet vielen linken Internetseiten eine Plattform. Handelt es sich also um einen gezielten rechten Angriff?

Das ruppige Vorgehen spricht sehr dafür, daß man ein Verfahren provozieren wollte, um Blogsport als linkem Provider an den Karren zu fahren. Uns wurde eine Prüfungsfrist von nicht einmal ganz 24 Stunden gesetzt. Und eines der entscheidenden Argumente: daß Hauer angeblich auch über Urheber- und Nutzungsrechte der streitbefangenen Bilder verfüge, sparte man sich rechtsmißbräuchlich für die nun anhängige Klage auf.

Lassen Sie sich durch die Klage einschüchtern?

Die Kosten eines solchen Verfahrens gehen in die Tausende, das ist ziemlich einschüchternd, setzt aber auch ungeahnte Energien frei. Wenigstens birgt eine solche Klage auch für die Kläger ein hohes finanzielles Risiko. Das ist der Grund, warum wir trotz mittlerweile 50 Beschwerden pro Jahr in unserer neunjährigen Geschichte erst mit der zweiten Klage konfrontiert sind.

Vor wenigen Jahren wurden wir von einem ehemaligen Rechtsterroristen vor Gericht gezerrt, weil seine bereits verbüßte Tat ohne hinreichenden Anlaß erwähnt worden sei. Wir obsiegten damals. Trotzdem blieben wir auf der Anwaltsrechnung von fast 3000 Euro sitzen, weil sich der Kläger als insolvent erwies.

Gibt es Solidarisierungen aus der linken Szene?

Für viele Linke ist Blogsport wichtig für ihre politische Arbeit. Wenn die gesamten Kosten tatsächlich uns auferlegt werden, könnten wir diesmal ohne die Solidarität der Leute, für die wir in Hunderten Fällen den Kopf hinhalten, nicht mehr einfach so weitermachen. Wir sind deshalb dankbar, daß antifaschistische und antirassistische Gruppen ein Soli-Konto bei der Roten Hilfe für uns eingerichtet haben. Falls wir gewinnen, fließt das Geld entweder an ein anderes Projekt, oder vielleicht hebt die Rote Hilfe es auch für uns auf, damit wir in Zukunft besser gerüstet sind.
Quelle: junge Welt

Spendenkonto für Blogsport:
Rote Hilfe e.V. Berlin, Stichwort: »Blogsport Soli«IBAN: DE55 4306 0967 4007 2383 17GLS-Bank